166
Zweite Periode der Neuzeit.
gegangen waren, und trieb sie nach argen Verlusten vor sich her, bis sie sich mit Karl vereinigten. Die Nachricht, daß der Zar mit einem ungeheuren Heere herannahe, hatte Mazeppas Bemühungen, das Volk der Ukraine aufzuwiegeln, gänzlich vereitelt. Als man Mazeppas Wohnort erreichte, wo man Vorräte zu finden hoffte, hatten die Russen diese fortgeführt und den Ort niedergebrannt. Bald stellte sich strenger Winterfrost ein, dem Tausende des an allem Mangel leidenden schwedischen Heeres erlagen. Karls Lage war schwierig, und seine Offiziere gaben ihrem Zorn über Mazeppa unverhohlen Ausdruck. Aber noch wäre es Zeit für Karl gewesen, umzukehren, er mochte jedoch nichts unternehmen, was einer Flucht ähnlich sah, und marschierte auf Pultawa, die befestigte Hauptstadt der Ukraine, los. Wegen Mangel an Geschütz konnte er aber hier nichts ausrichten; er verlor noch obendrein die polnischen Hilfstruppen, welche zum Feinde übergingen, und erhielt bei einem Ausfalle der russischen Besatzung einen gefährlichen Schuß durch den Knöchel des linken Fußes. Zu allem Unglück erschien nun Peter der Große mit 65 000 Mann, und es kam zu der unglücklichen Schlacht bei Pultawa 1709, in welcher General Löwenhaupt mit 9000 Mann das Gewehr strecken mußte und Karls Armee sich auflöste.
Karl überschritt nach dieser Niederlage die türkische Grenze, und der Sultan Achmed Iii. ließ ihm mit dem Rest seiner Truppen ein Lager bei Bender Herrichten. Hier blieb er und bewog den Sultan zum Kriege gegen die Russen. Als diese im Frühjahr 1711 in die Moldau einrückten, traten ihnen 200000 Türken entgegen und umzingelten sie am Pruth. Peter der Große sah schon den Augenblick herankommen, wo er mit seinen Truppen entweder verhungern oder sich ergeben müsse. Da wurde er aus dieser Not durch seine Gemahlin Katharina befreit, eine kluge Frau, welche eine Leibeigene gewesen und durch ihre Schönheit, sowie durch ihr einnehmendes Wesen zur Kaiserin erhoben worden war. Sie übersandte, um ihren Gemahl zu retten, ihre Juwelen nebst einer bedeutenden Summe Geldes dem Großvezier und bewog ihn zum Frieden. Karl tobte vor Wut, als er den Abschluß des Friedens vernahm, vermochte jedoch nichts mehr wider den Zaren.
Auf die Nachricht von Karls Niederlage bei Pultawa regten sich auch seine Feinde in Sachsen und Dänemark aufs neue. König August bemächtigte sich der polnischen Krone wieder, allein die Dänen fanden tapferen Widerstand. Auch neue Feinde rüsteten sich, Preußen, England und Holland. Peter der Große versuchte
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§. 26. Napoleons Krieg mit Rußland 1812.
285
Heeres verstärken, Preußen ein Hilfscorps von 20000 Mann stellen, das dem linken Flügel unter Macdonald zugeteilt wurde. Sachsen, Bayern, Württemberger, Badener, Westfalen, Hessen, Holländer, Italiener, Polen, Spanier und Portugiesen mußten französischen Fahnen und Befehlen folgen. Nachdem Napoleon mit seiner Gemahlin im Mai 1812 noch einmal die Fürsten des Rheinbundes, den König von Preußen und den Kaiser von Östreich in Dresden um sich gesehen, überschritt er Ende Juni den Niemen. Der linke Flügel zog der Ostsee entlang, der rechte am unteren Bug ostwärts; mit dem Hauptheer, das die tüchtigsten Generale zu seinen Führern zählte, nahm Napoleon seinen Weg direkt auf Moskau, um Alexander im Herzen seines Reiches zu treffen. Die russischen Feldherren Barclay de Tolly und Bagration zogen ihre Truppen vor dem andringenden Feinde tiefer in ihr Land zurück, um ihn ins Verderben zu locken. Bei Smolensk kam es (17. Aug.) 1812 zu einer mörderischen Schlacht, und die Franzosen erstürmten die Stadt. Nun erhielt der alte General Kutusosf, welcher eben aus dem beendigten Türkenkriege siegreich zurückgekehrt war, den Oberbefehl über die Russen. Auch er zog sich zurück und brannte hinter sich alle Städte und Dörfer nieder, um dem Feinde eine Wüste zu überlassen. Am Flüßchen Moskwa, 30 Stunden von der alten Zarenstadt, machte er endlich halt. Am 7. Sept. wurde hier bei dem Dorfe Borodino eine äußerst blutige Schlacht geliefert; 25000 Mann fielen auf jeder Seite. Ney war der Held des Tages und erhielt den Titel Fürst von der Moskwa. Die Russen traten den Rückzug an, marschierten mit zusammengerollten Fahnen und ohne Spiel durch die Hauptstadt und nahmen den größten Teil der Einwohner unter der Leitung des Gouverneurs Grafen Ro stop sch in mit sich.
Eine unheimliche Stille herrschte in der alten Zarenstadt, als sich Napoleon am 14. September ihr näherte. Niemand erschien, um ihm die Schlüssel der Stadt zu überreichen, keine neugierige Menge drängte sich heran, ihn anzustaunen. Als die Truppen in die Stadt einzogen, herrschte Grabesstille in allen Straßen. Die Thüren waren verriegelt, die Fenster geschlossen, die Gewölbe gesperrt. Napoleon bezog den alten Zarenpalast, den Kreml. Aber alsbald entstand in mehreren Stadtteilen ein furchtbarer Brand, und ein Sturm erhob sich, welcher das Feuer rasch über die ganze Stadt trug. Gras Rostopschin hatte alle Löschwerkzeuge fortgeführt, überall brennbare Stoffe aufgehäuft und die Gefangenen zum Zwecke der
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252
Dritte Periode der Neuzeit.
Niederlande begonnen, als die Preußen unter dem Herzog Ferdinand von Braunschweig in Lothringen einrückten und die Festungen Longwy und Verdun eroberten. Der Herzog hatte (25. Juli 1792) ein Manifest an die französische Nation erlassen, worin er unter anderem sagte: „Alle Franzosen, welche die geheiligten Rechte ihres
Königs nicht sogleich anerkennen würden, besonders aber Paris, sollten die schwersten Strafen erleiden. Es solle dieser Stadt des Aufruhrs ergehen, wie einst Jerusalem; kein Stein solle auf dem andern bleiben, die stolze Stadt solle vom Erdboden vertilgt werden." Diese übermütige Sprache erbitterte das französische Volk aufs äußerste. Alles strömte zu den Fahnen, um dem Auslande das Recht zu bestreiten, sich in die inneren Angelegenheiten Frankreichs zu mischen. Bei St. Menehould hemmte Dümouriez, der französische Führer, die Fortschritte der Preußen und ihrer Verbündeten, und nachdem die Franzosen unter Kellermann in der Kanonade von Valmy (Sept. 1792) den Angriff der Verbündeten glücklich zurückgeschlagen hatten, gaben diese den Plan weiter vorzudringen auf und traten den Rückzug an. Ungünstige Witterung und schlechte oder kärgliche Nahrung hatten die Ruhr im deutschen Heere verbreitet und eine solche Entmutigung hervorgerufen, daß man alle Eroberungen wieder ausgab. Dümouriez rückte jetzt den von den Niederlanden aus eingefallenen Ost reichern entgegen, schlug sie bei Jemappes (6. Nov. 1792) und eroberte ganz Belgien, das die Franzosen als Befreier von der verhaßten östreichischen Herrschaft freudig begrüßte. An alle Völker erging nun der Ruf zur Freiheit: „Krieg den Palästen, Friede den Hütten." Der französische General Eüstine eilte, von der günstigen Stimmung der Rheinländer für die Freiheit unterrichtet, über Speier und Worms nach Mainz, bekam diese wichtige Festung (21. Okt. 1792) in seine Gewalt und eroberte auch Frankfurt. Aber von hier ward er durch die Hessen und Preußen bald wieder vertrieben und kehrte über den Rhein zurück. Da der König von Sardinien sich den Verbündeten angeschlossen hatte, so nahmen ihm die Franzosen Nizza und Sardinien weg.
Ludwigs Xti. Verurteilung. Die Jakobiner, durch die Siege ihrer improvisierten Krieger, welche sich mit der kältesten Todesverachtung pfeifend und singend in das Gewühl der Schlachten gestürzt hatten, noch kühner gemacht, leiteten nun, um Ludwig auf das Schafott zu bringen, einen Prozeß gegen denselben ein. Sie klagten ihn des Verrates und der Verschwörung gegen Frankreich an. Die Häupter der Jakobiner, Robespierre, Danton, Marat,
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§. 21. Der erste Koalitionskrieg.
255
Truppen zu den Östreichern überging. In der Folge führte er ein unstätes Leben, bis er 1823 starb.
Die Preußen eroberten (23. Juli 1793) Mainz, das sich hartnäckig verteidigt hatte, und rückten in die Pfalz ein, wo der Herzog von Braunschweig die Franzosen bei Pirmasenz (14. Sept.) und bei Kaiserslautern (30. Nov. 1793) unter General Hoche besiegte. Der östreichische General Wurmser kämpfte im Elsaß; sardinische, spanische und portugiesische Truppen bedrohten Frankreich von Süden her. Die Engländer eroberten die französischen Kolonien in West- und Ostindien.
In dieser Gefahr machte der Konvent feine ganze, furchtbare Macht geltend. Er suchte durch Schrecken Siege zu gewinnen: der General Beauharnais, der zum Entsatz von Mainz zu spät kam, büßte auf der Guillotine, desgleichen Eüstine, dessen Sohn und Houchard nach verunglückten Unternehmungen; Hoche wanderte in den Kerker. Dümouriez' Verrat wurde den G i r o n d i st e n zur Last gelegt und führte zum Sturz dieser Partei im Konvent und zur Hinrichtung derjenigen Mitglieder, die sich nicht rechtzeitig durch die Flucht retten konnten. Nun trat der energische Carnot in den Wohlfahrtsausschuß. Er übernahm die Kriegsleitung und brachte Einheit und Planmäßigkeit in die Unternehmungen. Durch ein all-gemeines Aufgebot wurde die ganze kampffähige Nation zu den Waffen gerufen. Farmtisterte Scharen eilten von allen Seiten unter den Klängen des von Rouget de Lisle gedichteten Revolutionsgefanges, der „Marseillaise", zu den Fahnen; dann ging es an die bedrohten Grenzen. Jourdan besiegte (26. Juni) 1794 die Östreichs bei Fleur us und gewann Belgien; daraus drang Pichegrü im Dezember in Holland ein und vertrieb, durch den Winterfrost begünstigt , den Erbstatthalter nach England. Holland wurde in die batavische Republik verwandelt.
Am Oberrhein hatte es die Eisersucht zwischen den Führern der Verbündeten zu großen Erfolgen nicht kommen lassen. Preußen siegte zwar noch zweimal bei Kaiserslautern in der Pfalz. Da aber die Vorgänge in Polen (§. 16) seine Thätigkeit in Anspruch nahmen, schloß es mit Frankreich den Frieden zu Basel 1795 in der Hoffnung, daß der allgemeine Friede dadurch angebahnt werde, und gab das linke Rheinufer den Feinden preis. Ein Teil der Mächte trat dem Frieden bei, Östreich und England aber setzten den Krieg fort. Die Franzosen überschritten abermals den Rhein, vor ihnen her deutsche Flüchtlinge und Auswanderer, die ihre Rachsucht
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37, 3. Der deutsche Krieg 1866.
357
Pallisaden, Drahtzäunen und einer Verteidigung mit schweren Geschützen innerhalb 2 Stunden in die Hände der Sieger fielen. Damit noch nicht genug: auch die dahinterliegenden Brückenköpfe, welche zur Deckung der Insel Alsen dienten, wurden genommen. Der Sturm kostete die Preußen 1200 Mann und 70 Offiziere; aber der Tag von Düppel ist ein glänzender Ehrentag für das preußische Heer und seine Führer. Der König eilte persönlich nach Düppel, um den braven Truppen seinen Dank auszusprechen. Die Dänen büßten 5000 Mann und fast alle Geschütze ein und zogen sich auf die Insel Alsen zurück; Fridericia gaben sie ebenfalls auf. Zur See hatte die preußische Flotte unter Jachmann (17. März) bei Rügen, die östreichische unter Tegethoff bei Helgoland gegen die dänische Flotte siegreich gekämpft.
Im Mai 1864 kamen die Vertreter der europäischen Großmächte, Dänemarks, Schleswigs und des Deutschen Bundes zu einer Konferenz in London zusammen, um den Frieden zu vermitteln. Ein Waffenstillstand unterbrach den Kampf bis zum 26. Juni. Schleswig sollte nach den Nationalitäten geteilt werden und Dänemark Nord-schleswig erhalten; aber Dänemark ging darauf nicht ein, und die Waffen wurden von neuem ergriffen. Am 29. Juni setzten die Preußen unter Herwarth von Bittenfeld im Angesichte des Feindes in Kähnen über den Alsensund und eroberten nach kurzem Kamps die Insel Alsen. Nachdem noch Jütland bis zur Nsrdspitze und die friesischen Inseln aus der Westseite Schleswigs den Dänen genommen waren, wurde am 30. Oktober 1864 der Friede zu Wien geschlossen, durch welchen die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg an Östreich und Preußen übergingen, die nach dem Abzug der Bundestruppen eine gemeinsame Verwaltung in den eroberten Provinzen einrichteten.
3. Der deutsche Krieg 1866.
Verwicklungen. Durch das gemeinsame Vorgehen Preußens und Östreichs waren die deutschen Herzogtümer Schleswig - Holstein von der Fremdherrschaft befreit und Deutschland wieder gewonnen worden. Als es sich aber um die endgültige Regierung in den Herzogtümern handelte, trat der Gegensatz zwischen der östreichischen und preußischen Politik von neuem in den Vordergrund. Ostreich und die meisten Bundesregierungen wollten aus den beiden Herzogtümern einen neuen, selbständigen Mittel st aat her-
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§. 37, 3. Der deutsche Krieg 1866.
361
rückende Heerabteilung unter General Bonin wurde bei Traute-nau (27. Juni) von Gablenz zurückgedrängt, nahm aber, nachdem das Gablenzsche Corps von der preußischen Garde unter Prinz August von Württemberg bei Soor (28. Juni) überfallen und in die Flucht geschlagen worden war, den Vormarsch wieder auf. Die südliche Heerabteilung unter General «Stemmet} erfocht bei Nachod (27. Juni), bei Skalitz (28. Juni) und bei Schweinschädel (29. Juni) glänzende Siege, sodaß sich die Abteilungen der zweiten Armee nach Erstürmung von Königinhof (29. Juni) alle vereinigen konnten.
Unter lautem Jubel vernahm das ängstlich harrende preußische Volk die rasch einander folgenden Siegesnachrichten. König Wilhelm eilte, begleitet von Graf Bismarck, Kriegsminister Roon und Generalstabschef Moltke nach Böhmen und traf am 2. Juli in Gitfchin ein, um die vereinigten Heere zum Entscheidungskampf zu führen.
Die Schlacht bei Königgräh, 3. Juli 1866. Nach den verlustreichen Kämpfen der letzten Junitage hatte Benedek die östreichische Armee in der Stärke von 210 000 Mann mit 770 Geschützen auf den Höhen zwischen Elbe und Bistritz zu beiden Seiten der Straße von Königgrätz nach Sadowa zusammengezogen und mit Umsicht und Geschick aufgestellt. Der von den Sachsen gebildete linke Flügel lehnte an die Bistritz, das Centrum stand bei den Höhen von Chlum, der rechte Flügel reichte bis zur Elbe. Die Artillerie bildete terrassenförmig übereinanderstehende Linien, in den dazwischen liegenden Bodensenkungen befanden sich die übrigen Truppen. König Wilhelm hatte bei seinem Eintreffen in Gitfchin die Absicht, seinen Truppen einige Tage Ruhe zu gönnen; aber als an demselben Tage noch abends gegen 11 Uhr Prinz Friedrich Karl dem Könige die Meldung machen ließ, daß das östreichische Heer eine feste Stellung genommen und ebenso zum Angriff wie zur Verteidigung vorbereitet fei, beschloß der sofort zusammenberufene Kriegsrat, der östreichischen Armee zuvorzukommen. Der Angriff wurde auf den folgenden Tag festgesetzt, und König Wilhelm erließ noch in derselben Nacht an die Heere die dazu nötigen Befehle. Wie einst bei Belle-Allianee von Blücher, so hing diesmal die Entscheidung des folgenden Tages von dem rechtzeitigen Eintreffen der noch mehrere Meilen entfernten Armee des Kronprinzen ab. Am Morgen des 3. Juli um 8 Uhr begann der Kampf bei der Elbarmee zur Rechten und bei der ersten Armee im Centrum mit zusammen 124 000 Mann gegen das über-
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§. 37, 3. Der deutsche Krieg 1866.
363
Helm ab, umsomehr, als Kaiser Franz Joseph am Tage nach der Niederlage bei Königgrätz V enetien an Napoleon abgetreten hatte, um einen mächtigen Bundesgenossen zu gewinnen und die östreichischen Truppen aus Italien ziehen zu können. Unaufhaltsam eilten die preußischen Heere durch Böhmen nach Mähren. Sie besetzten Prag (8. Juli), Brünn (12. Juli), und der Kronprinz schlug eine östreichische Heerabteilung bei Tobitschau (15. Juli). Herwarth von Bittenfeld rückte gegen Wien, Prinz Friedrich Karl gegen Ungarn vor. Das Hauptquartier nahm feinen Sitz in Nikolsburg. Hier wurde durch Napoleons Vermittelung am 22. Juli eine Waffenruhe vereinbart und dadurch auch die Einstellung des Kampfes verursacht, den eine preußische Heerabteilung an demselben Tage bei Blumen au unweit Presburg siegreich führte, der dem Sieger das feindliche Heer samt Presburg überliefert hätte. An die Waffenruhe schloß sich (26. Juli) der Waffenstillstand zu Nikolsburg mit den vorläufigen Friedensbestimmungen. Am 23. August kam der Friede zu Prag zum Abschluß , in welchem Östreich die Auflösung des deutschen Bundes und eine Neugestaltung Deutsch lands ohne seine Mitwirkung, sowie ferner das engere Bundesverhältnis anerkannte, welches Preußen als Norddeutschen Bund bis zur Mainlinie begründete. Es erklärte sich weiter damit einverstanden, daß die süddeutschen Staaten in einen Verein treten, dessen Verhältnis zu Norddeutschland noch näher zu bestimmen sei; endlich gab es feine Zustimmung zu den in Norddeutschland vorzunehmenden Besitzveränderungen und zahlte 120 Millionen Mark, von denen die Hälfte als Kriegskosten für die Besetzung von Schleswig-Holstein in Abrechnung kam.
Der Feldzug der Mainarmee. Inzwischen hatte die Mainarmee unter dem Oberbefehl des preußischen Generals Vogel von Falckenftein die Aufgabe, die Bundestruppen getrennt zu halten und über die Mainlinie hinaus zu drängen, nachdem der Plan der Hannoveraner, sich mit den Bayern zu verbinden, vereitelt war. Diese Aufgabe wurde unter einheitlicher und trefflicher Führung mit erstaunlicher Gewandtheit und Tapferkeit gegen den an Zahl weit überlegenen, aber unter eifersüchtigen Führern stehenden Feind ausgeführt. Unter siegreichen Gefechten bei Dermbach (3. Juli) und Hünfeld (5. Juli) über die bayrische Armee (50 000 Mann) unter dem Prinzen Karl von Bayern zogen die Preußen über Fulda nach Unterfranken, erzwangen die Übergänge über die fränkische Saale, besonders in den hartnäckigen Gefechten bei Kiffingen
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Extrahierte Ortsnamen: Italien Wien Ungarn Nikolsburg Nikolsburg Norddeutschland Norddeutschland Schleswig-Holstein Mainarmee Dermbach Fulda Unterfranken
364
Dritte Periode der Neuzeit.
und Hammelburg (10. Juli), und nötigten die Bayern auf das linke Mainufer zurück. Gleich siegreich roanbten sie sich westwärts gegen das Bunbescorps (62 000 Mann) unter Prinz Alexanber von Hessen, schlugen unter Führung des Generals Gäben die barmstäbtische Division bei Laufach (13. Juli) und die vereinigten Östreicher, Kurhessen und Darmstäbter bei Aschaffenburg (14. Juli). Am 16. zog Vogel von Falkenstein in Frankfurt ein, das wegen feiner feinbseligen Gesinnung mit einer starken Kriegssteuer belegt warb. Nachbem an die Stelle Vogels v. Falckenstein, der Gouverneur von Böhmen warb, General v. Manteusfel getreten war, rückten die Preußen füblich vom Main vor, siegten vom 24.—26. Juli über die Bunbestruppen in den Gefechten bei Wertheim, Tau-berbifchofsheim, Roßbrunn und zogen (2. August) in Würz-burg ein. An bemfelben Tage trat ein Waffenstillstanb ein, dem im Laufe des August die Friedensschlüsse in Berlin solgten. Außer Schleswig-Holstein fielen Hanno ver, Kurhessen, Nassau und Frankfurt an Preußen. Bayern verlor einige Grenzbezirke. Darmstabt trat Hessen-Homburg, den Kreis Bieb enkopf und das Besatzungsrecht in Mainz ab und ge-stanb die Ausnahme Oberhessens in den Norbbeutschen Bunb zu. Württemberg, Baden, Bayern, Darmstabt und Sachsen schlossen Schutz- und Trutzbünbnisse mit Preußen, durch welche sie im Kriegsfälle ihre Truppen unter den Oberbefehl des Königs von Preußen zu stellen hatten; Sachsen trat außerbem dem Norbbeutschen Bunbe bei. Preußen erlangte durch diese Erwerbungen eine Ausbehnung von 6393 Q.-M. mit 231/2 (jetzt 27) Mill. Einwohnern. Am 24. Februar 1867 fanb die Eröffnung des Reichstages des Norbbeutschen Bunbes statt, bessen Verfassung am 1. Juli 1867 in Kraft trat. Bunbeskanzler würde Graf Bismarck.
Der Norddeutsche Bund umfaßte die 22 nörblich des Maines liegenben Staaten mit 7540 Q.-M. und 30 Mill. Einw. Der Bun-besverfassung gemäß würde der König von Preußen Präfibent des Bunbes und Oberbefehlshaber über die gesamte Land- und Seemacht. Er ernennt den Bunbeskanzler. Die Bunbesgesetzgebung üben Bunbesrat und Reichstag aus, die der Präsibent einberuft. Der Bunbesrat fetzt sich aus den Bevollmächtigten der 22 Bunbes-regierungen zusammen. Er hat das Recht der Vorberatung und Gesetzesinitiative. Der Reichstag, bessen Mitglieber aus allgemeinen und birekten Wahlen hervorgehen, hat die Stellung und Rechte der Volksvertretung in konstitutionellen Staaten. Allge-
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38, 2. Der Krieg gegen das Kaisertum.
369
Rußland, bessert Herrscher dem Könige von Herzen zugethan war, hielt sich ruhig; es würde sich nötigenfalls gegen Östreich gewandt haben. Dänemark wartete auf französische Siege. Italien schwankte wie ein schwaches Rohr zwischen dem Bundesgenossen von 1859 und dem von 1866 hin und her, um schließlich neutral zu bleiben. Doch hinderte dies nicht die Teilnahme Garibaldis am Kriege zu Gunsten Frankreichs. Spanien, um deswillen der Kampf entbrannte, rührte sich nicht; England, welches aus einigen Enthüllungen Bismarcks sah, daß Frankreich das von der englischen Regierung garantierte Belgien sich hatte einverleiben wollen, hätte sich zur Teilnahme auf Deutschlands Seite, verpflichtet fühlen müssen, statt dessen unterstützte es dessen Gegner mit Kriegsmaterial und trug dazu bei, den Krieg in die Länge zu ziehen. Derselben Schuld machte sich Amerika teilhaftig.
2. Der Krieg gegen das Kaisertum.
Am 16. Juli begann die Mobilmachung der deutschen Heere, und binnen 10 Tagen stand eine halbe Million Krieger kampfgerüstet am Rhein und die gleiche Zahl zur Verwendung bereit. Der rechte Flügel, die erste Armee, 60000 Mann stark, rückte unter General Steinmeh von Koblenz und Köln gegen Saarbrücken vor; das Centrum, die zweite Armee, 194000 Mann, unter dem Prinzen Friedrich Karl, marschierte von Mainz durch die Pfalz; der linke Flügel, die dritte Armee, umfaßte die süddeutschen Truppen, 130 000 Mann, unter der Führung des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen und zog aus Baden und der Rheinpfalz der Grenze zu. Der Schutz der deutschen Küsten gegen die große französische Flotte wurde General Vogel von Falckenstein übertragen. Am 31. Juli reiste König Wilhelm als Oberbefehlshaber in Begleitung des Grafen Bismarck und des Generalstabschefs Moltke zu seinem Heere ab. Napoleon ließ von den Truppen, die er zur Verfügung hatte, 100 000 Mann im Elsaß unter dem Marschall Mac Mahon zusammentreten, der mit dieser Armee den Rhein überschreiten und Süddeutschland zum Abfall von Norddeutfchland bringen sollte. Die Hauptarmee, 150 000 Mann, sammelte sich unter Bazaine um Metz, die Reserve unter Can-robert in Chalons. Frankreich hatte dadurch einen entschiedenen Vorteil vor Deutschland, daß einer seiner Hauptwaffenplätze, Metz, nur wenige Stunden vom deutschen Gebiet entfernt lag, daß ferner
Casfians Weltgeschichte Iii. 5. Aufl. v. Ph. Beck. 24
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